Presseecho

Reclaim Televsion.

 

»Will man ein Fazit ziehen, lässt sich sagen, dass speziell die Präsentationen von "7 Tage..." und "Hier und heute unterwegs" und, mit Abstrichen, die von "Ab 18!" den optimistischen Veranstaltungstitel dieser Dokumentarfilmtagung mit Inhalt füllten. Sie zeigten, dass es in den öffentlich-rechtlichen Sendern unter Redakteuren zwischen Mitte 30 und Anfang 40 eine Gegenbewegung zu den älteren Führungskräften gibt, die ängstlich, müde oder zynisch geworden sind. Jenseits von den in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommenen dokumentarischen Formaten - zum einen Event-Produktionen mit starken Reenactment-Anteilen, zum anderen Ultralight-Dokus wie die Filme der vom WDR verantworteten "Markencheck"-Reihe der ARD - gibt es eine Art neue alte Schule, also Programmmacher, die die klassischen Stärken des Dokumentarfilms mit frischen Elementen zu kombinieren wissen ...«

Funkkorrespondenz Nr. 42, 16.10.2013 (René Martens)

»… Einige Themen kristallisierten sich in den Vorträgen heraus. Erstens das Verschwinden des Autors. Im Formatfernsehen ohnehin kaum noch gegenwärtig, tendieren die auf starke Verflechtung mit der Online-Welt angelegten Produktionen dazu, Autoren ganz verschwinden zu lassen. Teamarbeit und Koproduktion, die Zusammenarbeit verschiedener Gewerke sind angesagt.
Zweitens lässt sich beobachten, dass die avanciertesten Crossmedia-Projekte in der Fiktion stattfinden. Kann es sein, dass das Dokumentarische, weil es weniger planbar ist, für solche Kombinationen weniger taugt? Tobias Büchner [zero one film] zeigte eine interessante Grafik, aus der hervorging, dass Produzieren für Online nicht nur eine ganz andere Arbeit mit ganz anderen Teams ist, sondern ein viel größeres Maß an Planbarkeit verlangt.
Wenn im herkömmlichen Produktionsprozess eines Films kreative Eingriffe auch in fortgeschritteneren Stadien noch möglich sind, müssen sie Online viel früher abgeschlossen sein, dann nämlich, wenn sich die Programmierer an die Arbeit machen. …«

epd medien Nr. 41, 11.10. 2013 (Fritz Wolf)

» Die Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW mit AG DOK luden zur zweitägigen Veranstaltung ‚Reclaim Television – Stoffentwicklung für dokumentarische Formate’ ein. Im Vordergrund standen die Schnittstellen von traditionellen Angeboten mit anderen Verwertungen und natürlich die Finanzierungen. So trugen Redakteure und Produzenten zahlreiche Projekte und Erfahrungen vor. …
Bei der Finanzierung schieden sich naturgemäß die Geister. Arne Birkenstock (Fruitmarket) erklärte: ‚Cross- oder transmedial, völlig egal – alles kostet Zeit und Geld.’ Die Ansprüche von Pitches würden immer höher, das Risiko der Vorbereitung liege beim Produzenten – inzwischen bei bis zu 80 Prozent.«

Filmecho/Filmwoche, 5. Okt. 2013 (Frank Lustig)

» …Dabei waren Mader zufolge die Klicks in der Mediathek oft höher als die mageren Zuschauerzahlen der Direktausstrahlung. Ein Signal für die Zukunft, auch wenn die simple Onlinevermarktung oder ein paar Zusatzinformationen auf der Webseite wohl bald nur noch Nebenschauplätze sein werden im Kampf um mediale Präsenz beim Nachwuchs, der das lineare Fernsehen zunehmend durch aktiv ansteuerbare Webinhalte ergänzt. Beim Bereitstellen dafür geeigneter crossmedialer Angebote sind längst auch die öffentlich-rechtlichen Sender eingestiegen, auch wenn bürokratische Barrieren innerhalb der Anstalten und das deutsche Rundfunkrecht es nicht leicht machen. 
So musste Valentin Thurn für „Taste the Waste“ neben der offiziellen ARD-Webseite selbst mit Partnern wie slow food und Brot für die Welt einen eigenen querfinanzierten interaktiven Onlineauftritt aufbauen, um den Film und das Thema Lebensmittelvernichtung erfolgreich im Netz zu platzieren und viral zu vernetzen. Später kam mit der Tauschplattform foodsharing.de noch ein Spinn-off mit praktischem Nutzwert dazu. …«

Der Tagessspiegel v. 30.09. 2013 (Silvia Hallensleben)
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»… Neben dem "Kampagnenfernsehen", bei dem ein Film nur ein, wenn auch zentraler Teil eines größeren Projekts ist, prägten weitere durchaus optimistische Schlagworte das Symposium: Fabian Döring und Florian Müller - beim NDR verantwortlich für die Reihe "7 Tage …", in der sich TV-Autoren als eine Art Praktikant in das (Arbeits-)Leben anderer Menschen begeben, sangen ein Loblied auf die "Waffen der Empathie"; die 3sat-Filmredakteurin Katya Mader setzt in der Reihe "Ab 18" auf "cineastische" Autorendokumentarfilme, die "nicht leicht konsumierbar" sind; Maik Bialk und Dorothee Pitz schließlich, beim WDR zuständig für "Hier und heute unterwegs", verfochten einen "poetischen Realismus". Bialk begreift sich eher als Leiter einer Autorenwerkstatt und nicht, wie viele Doku-Redakteure, als Produktmanager. Es gehe ihm darum, dem "Entfremdungsprozess zwischen Dokumentarfilmern und dem Apparat Fernsehen" entgegenzuwirken. Aufschlussreich war vor allem, was die WDR-Leute zum Thema Stoffentwicklung äußerten. "Das Konzept entsteht beim Drehen", sagt Pitz, die aufwendige Exposés für kontraproduktiv hält. Anders gesagt: Die besten Stoffe sind jene, die vorher nicht entwickelt wurden - sie entstehen dann, wenn sich Autoren auf Menschen und Situationen einlassen oder gar in sie eintauchen, um den beim Symposium ebenfalls kursierenden englischen Begriff "immersionism" aufzugreifen. …«

die tageszeitung v. 30.09. 2013 (René Martens)
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»…Es geht um Sendeplätze, aber auch um Geld. Wie die dfi-Leiterin Petra Schmitz sagte, zahlten Sender für Dokumentationen beschämend wenig: oft nur fünfhundert bis tausend Euro pro Minute. Der Filmemacher Arne Birkenstock machte seinem Ärger Luft, dass die Stoffentwicklung in Deutschland nicht von dem milliardenschweren öffentlich-rechtlichen System getragen werde, sondern „zu achtzig Prozent über Selbstausbeutung und Verschuldung der Autoren, Produzenten, Kameraleute und Cutter“ funktioniere. Doch war die Konferenz kein Klagereigen. Vielmehr wurden aktuelle Entwicklungen aufgezeigt. …«

Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 01. 10. 2013 (Oliver Jungen)