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DVD, VOD, PODCAST & CO
Die digitale Auswertung von Dokumentarfilmen
Was bleibt? Was kommt? — Eine Zwischenbilanz

Die DVD – ein neues Medium?
8 Jahre später
von Fosco Dubini, Filmemacher, Köln

Dokumentation des Workshops
September 2007

pdf Die DVD als neues Medium

Vor fünf Jahren hatten wir uns im Rahmen einer Veranstaltung der dokumentarfilminitiative diese Frage schon einmal gestellt. Welches wird die
Entwicklung und die Bedeutung dieses „neuen Mediums“ sein, dass damals von vielen lediglich als ein neues Trägermedium gesehen wurde? Wie wird es sich im Gegensatz zu den Streaming Medien entwickeln?

Ein kleiner Glaubenskampf spielte sich damals ab. Prognosen wurden gestellt. Und in der Rückschau muss man sagen, dass damals alle etwas unrecht hatte, die einen etwas mehr und die anderen etwas weniger.

In der Medienbranche ist es üblich, den Mund ziemlich voll zu nehmen und sich dann später an die eigenen Prognosen nicht mehr zu erinnern. Businesspläne sind meistens schon bei der Vorstellung Makulatur. Medien und vor allem digitalen Medien funktionieren eben nach einer eigenen Logik.

Wie sah die Situation vor 10 Jahren aus? Das Internet hatte sich gerade durchgesetzt, aber nur auf der Eben der Texte und noch nicht auf der Ebene der Musik und der Filme. Die DVD erschien am Horizont und wurde, nachdem sie lange angekündigt war, 1999 auf den Markt gebracht. Viele glaubten, dass sie sich wie die Musik-CD schnell durchsetzen würde. Aber die verschiedenen unkompatiblen technischen Systeme, fehlerhafte DVD sogar von den großen Hollywoodfirmen, die nicht liefen und zurückgezogen werden mussten und der Mangel, keine Aufzeichnungen machen zu können, verzögerten zu Beginn die Entwicklung.

Es gab auch Konkurrenzformate, die sich aber bei uns nicht durchsetzen konnten. So die CD-Video mit der Kapazität einer CD, die sich vor allem im asiatischen Raum ausgebreitet hatten. Bei uns konnte sie sich wegen der geringen Speicherkapazität und somit wegen der mangelnden Qualität der Filme, die sich auf dem Niveau von VHS-Kassetten befand, nicht durchsetzen. Auch die CD-Rom wäre eine Alternative gewesen, weil sie eine „offene“ Plattform bot und so nicht die technischen Einschränkungen der DVD besaß. Das bekannteste Beispiel einer CD-Rom war wohl „Immemory“ von Chris Marker, eine Produktion, die damals schon über 500.000 DM kostete, ohne die Rechte der Materialien mit zu berücksichtigen. Thomas Thode hatte sie damals im Rahmen einer Veranstaltung der Dokumentarfilminitiative vorgestellt. Die Faszination bestand darin, auf einem Träger Texte, Zahlen, Bilder, Musik, Töne und Filme frei zu kombinieren, zu konfigurieren und auf die einzelnen Elemente direkt und auch interaktiv zugreifen zu können.

Die Vorstellung, dass „Digitale Medien“ grundsätzlich etwas anderes sein könnten, als traditionelle Medien wie Kinofilm, Fernsehen oder Videokassetten begannen die Phantasie zu beflügeln. Man sprach auch nicht mehr nur von einem Zuschauer, sondern von einem kombinierten Zuschauer, User, Spieler und natürlich auch Konsumenten.

Diese Vorstellungen bewogen mich damals von der DVD als einem „neuen Medium“ zu sprechen. Trotz der reduzierten technischen Möglichkeiten der DVD würden durch die Kombination von Filmen mit anderen Materialien und einer direkten Zugriffsmöglichkeit ganz neue Möglichkeiten entstehen. Obwohl ich damals mit der Prognose, dass die DVD sich gegenüber „Film im Internet“, in den nächsten Jahren durchsetzten würde, recht hatte, hat sich dieses „neue Medium“, wie es mir vorschwebte, nicht oder nur in Ansätzen entwickelt.

Sieht man sich das heutige Angebot an DVDs an, so ist man zunächst enttäuscht. Verglichen mit dem, was möglich wäre, ist das vorhandene Material mehr als dürftig. Die CD-Rom als Medium ist mittlerweile ganz verschwunden, vielleicht gibt es in Ausstellungen und Museen noch einige dieser seltenen Exemplare. Aber auch gewisse Möglichkeiten, auf die man zu Beginn der DVD gesetzt hatte, sind verschwunden. So gab es die Möglichkeit mit der Fernbedienung auf sechs verschiedene Kameraperspektiven umzuschalten, wie man es etwa bei der Formel 1 sieht. Dazu hat sich gar nichts entwickelt. Sicher hat es auch mit den Kosten zu tun und weil es beim Spielfilm wenig Sinn macht, mehrere Perspektiven einzunehmen. Spielfilme haben eine Story und sind nicht interaktiv. Beim Dokumentarfilm könnte das schon anders aussehen. Auch die alternativen Tonspuren wurden nicht richtig genutzt. Es gibt einige Filme in denen der Regisseur und der Hauptdarsteller über den stummen Bildern des Films ihre Kommentare und ihre Anekdoten erzählen. Auch hier wäre vielleicht ästhetisches Neuland zu entdecken gewesen.

Was geblieben ist, sind die klassischen Möglichkeiten wie Kapitelunterteilung, Sprachfassungen, Untertitelungen und das, was man Bonusmaterial nennt. Die meisten DVDs blieben auch beim Bonusmaterial bei dem, was eingeführt ist. Zum Standard gehörten Trailer, Making-of und Angaben zu den Autoren und Schauspieler, dies meistens in der Form von Texttafeln.

Bevor wir auf die heutigen Beispiele kommen, könnte man sich fragen, warum die technisch möglichen Formen nicht eingesetzt wurden und sich dieses potenziell neue Medium nicht entwickelt hat. Die erste und einfachste Antwort wäre, weil sich niemand dafür interessiert. Was interessiert, ist der Film. Alles andere interessiert vielleicht eine kleine Minderheit. Es gibt aber auch noch andere Gründe. Einer ist sicher in der die Ökonomie zu finden. Die Produktion einer DVD ohne Zusatzmaterial kostet vielleicht 2.000 Euro bei 1.000 Stück. Kommt zusätzliches Material hinzu, so kann dies leicht das 10 bis 20-fache sein. Es sind Kosten für das Menü, den Grafiker, die Rechtabgeltung oder die Produktion von Zusatzfilmen, zusätzliche Musikrechte usw. Für diese Kosten fühlt sich meistens niemand zuständig. Die Autoren möchten es zwar gerne machen, haben aber meistens kein Geld und sind nach einem langen Produktionsprozess ausgezehrt. Die Produzenten haben es nicht in ihrer Kalkulation und oft ist auch das Budget schon überschritten. Die Fernsehanstalten, die Verleiher und die Kinobetreiber sehen die DVD eher als eine Konkurrenz. Bei den Förderern gehörten die DVD-Kosten zum Vertrieb oder zum Verleih. Das Filmbüro NW war eine der ersten Förderungen, die solche Projekte auch in der Produktion gefördert hatte. Mittlerweilen hat sich das eingependelt und es gibt zum Beispiel bei der FFA ein gut ausgestattetes Programm, bei dem man zwischen 5.000 und 60.000 Euro beantragen kann.

In der Schweiz hatte sich die Situation etwas anders entwickelt, weil die Suissimage, eine Verwertungsgesellschaft, für drei Jahre ein spezielles Förderprogramm für die Überspielung von Schweizer Filmen auf DVD aufgelegt hatte. Je mehr Bonusmaterial auf der DVD war, desto höher war der Zuschuss. Dies hat dazu geführt, dass die Schweizer Filme zu einem hohen Prozentsatz auf DVD existieren und auch viele Zusatzmaterialien aufweisen. Das Zustandekommen dieses Programms der Suissimage hatte übrigens auch mit dem damaligen Workshop der Dokumentarfilminitiative zu tun. Es ist zu hoffen, dass der diesjährige Workshop auch zu einen solchen Seiteneffekt führen wird.

In Deutschland brauchte es etwas Zeit, damit sich Vertriebsstrukturen herausbilden konnten. Dieser Prozess ist aber seit 2-3 Jahren abgeschlossen. An diesem Prozess waren die Verleiher und nicht so sehr die Autoren oder die Produzenten beteiligt. Obwohl auch für die Verleiher der DVD-Vertrieb ein neues Gebiet ist. Verleihstrukturen und DVD - Vertriebsstrukturen sind anders gelagert.

Auch beim Buchhandel hat man nur zurückhaltend auf die DVD reagiert. Buchverlage haben mit Filmen nie verstanden richtig umzugehen. Auch das Potenzial für die verschiedenen Zwischenformen: Buch zum Film oder Film zum Buch oder alle anderen möglichen Überschneidungen, ist nicht ausgeschöpft.

Und vielleicht noch ein letzter Punkt. Die anfängliche Hoffnung auf eine Konvergenz und den damit verbundenen Synergieeffekten zwischen den traditionellen und den neuen Medien hat nicht in dem Masse stattgefunden wie er vielleicht möglich gewesen wäre.

Ich glaube, es hat vielmehr eine Aufteilung stattgefunden. Der Spielsektor, der Filmsektor und der Musiksektor haben sich eher getrennt. Von der Interaktivität beim Film spricht heute keiner mehr.

Warum ist dies so gekommen? Wir haben gesehen, dass die neuen digitalen Medien auch etwas kosten und niemand sich zunächst für die Finanzierung zuständig fühlte. Ein weiteres Element ist, dass mit dem Platzen der .com – Blase 2001 und dem Zusammenbruch der Neuen Märkte an der Börse, das Geld, das zunächst noch vorhanden war, nun nicht mehr da war. Im Gegenteil, alle neuen Ideen oder Möglichkeiten wurden jetzt doppelt skeptisch betrachtet.

Technische Entwicklungen, globale Ökonomie, die anfängliche Euphorie den neuen Medien gegenüber haben zunächst zu einer Überschätzung der Möglichkeiten und dann zu einem jähen Absturz geführt und vor allem allen experimentellen Ansätzen den Garaus gemacht.

Dies gilt auch für die „Streaming Medien“, auf die damals auch Autoren und freie Produzenten große Hoffnungen gesetzt haben. Hier ist der Absturz noch offensichtlicher. Bis heute gibt es in Deutschland kein funktionierendes System. Ich könnte die Frage in die Runde werfen, wer hat schon einen Film herunter geladen und dafür bezahlt? Oder ich könnte die anwesenden Autoren und Produzenten fragen: Wie viel haben sie mit „Streamig-Medien“ im letzten Jahr verdient? Ich glaube nicht, dass man mit der Summe einen neuen Film produzieren könnte.
Doch wie ich auf der Tagesordnung gesehen habe wird dies morgen das Thema sein.

Ich möchte nun einige Beispiele vorführen, die zeigen, dass wir vielleicht doch an der Schwelle zu einem neuen Medium stehen. Ich fange einmal mit meinen eigenen Projekten an, da ich sie natürlich am besten kenne und auch über die Kosten und die Schwierigkeiten Auskunft geben kann.

1. „Die Reise nach Kafiristan“ (2 DVD)

Fosco Dubini und Donatello Dubini, 100 Min.
Bonusmaterial 200 Min. und Begleitheft

Nach einem Introfilm gelangt man auf das Hauptmenü und kann von dort die für eine DVD üblichen Einstellungen vornehmen. So ist der Film in zehn Kapitel aufgeteilt und es können fünf verschiedenen Untertitelfassungen (Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Niederländisch) zugeschaltet werden. Die gesamte DVD ist, was die Grafik, die Menuführung und die Bonusfilme angeht, durchgehend auf Deutsch und Englisch. Das Bonusmaterial besteht aus den üblichen Ergänzungen, wie dem „Making of“, einer WDR-Sendung von 30 Min. und einer Reihe von acht Trailern anderer Filme der Regisseure.

Dann gibt es aber Materialien, die für die DVD besonders aufgearbeitet wurden. Der Film behandelt die Reise der Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach und der Ethnologin und Fotografin Ella Maillart im Jahre 1939 nach Afghanistan. Ella Maillart hatte während der Reise mit einer 16mm Kamera Filmaufnahmen gemacht, die sie zu einem 57 Min. Film in Schwarzweiß und zu einem 38 Min. Film in Farbe montiert hat. Die Filme sind ohne Ton, doch bei den Vorführungen hat sie diese meistens selbst kommentiert. Von einer solchen Vorführung aus dem Jahre 1989 ist eine Tonaufnahme erhalten geblieben. Aus diesen verschiedenen Elementen haben wir eine Filmfassung für die DVD rekonstruiert. Dabei haben wir auch Musikaufnahmen aus dem Jahre 1954 verwendet, die ein anderer Reiseschriftsteller, Nicolas Bouvier auf der gleichen Route
aufgenommen hat.
Von Annemarie Schwarzenbach wurden vier Texte ausgesucht und von der Schauspielerin Jeanette Hain gesprochen. Diese Texte sind Auszüge aus dem Roman über diese Reise, eine Erzählung über die Reise und einen Brief an Erika Mann. Der vierte Text bezieht sich auf Akten des FBI, das im Jahre 1941 deutsche Emigranten in Amerika observiert hatte, unter anderen auch Annemarie Schwarzenbach. Zu Annemarie Schwarzenbach ist zusätzlich der Trailer eines Dokumentarfilms eingefügt, in dem die einzigen Filmaufnahmen von ihr zu sehen sind. In der französischen DVD - Fassung ist der ganze Film zu sehen.
Das Begleitheft von 32 Seiten druckt Texte aus dem Exposé zum Film, eine Karte der Reise und einige Fotos von der Reise und den Dreharbeiten. Es hat sich herausgestellt, dass es sehr schwierig ist, lange Texte am Fernseher oder am Computer von einer DVD zu lesen. Ein Begleitheft in der Größe einer DVD ist daher meistens die bessere Lösung.

2. „Thomas Pynchon – A journey into the mind of “ (1 DVD)

Fosco Dubini und Donatello Dubini, 90 Min.
Special Edition: Pynchon Kongress, 7h 48 Min. (4 DVD)

Bei dieser DVD handelt es sich um eine zweiseitige DVD mit einer PAL und einer NTSC-Fassung für Amerika. Neben dem Hauptfilm, der in fünf Kapitel unterteilt ist und bei dem zu der englischen Originalfassung Untertitel in Deutsch, Französisch und Spanisch zugeschaltet werden können, enthält die DVD drei Ankündigungen. Der Film zur ersten Ankündigung mit dem Titel „the zone (germany)“, ist noch nicht fertig gestellt. Es geht dabei um die Reise der Hauptfigur aus dem Roman „Die Enden der Parabel“ durch das in Zonen aufgeteilte Deutschland von 1945. Dieser ganze Teil wurde aus dem Film herausgenommen, da es diesen zu kompliziert und zu lange machte. Weiter wird ein Film zu „the zone (Bagdad)“ über die Suche der USCOM - Kommission nach den Raketen von Sadam Hussein angekündigt. Auch dieser Film ist noch nicht
fertig gestellt.
Als drittes wird eine Dokumentation zu einem Kongress zu Thomas Pynchon angekündigt. Diese „special edition“ liegt in der Form von 4 DVD vor, die Vorträge von 14 Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter enthalten. Das Material wird in der Form einer Dokumentation ohne große Bearbeitung präsentiert. Die DVD bietet den Autoren so die Möglichkeit, Teile, die aus verschiedenen Gründen nicht in den Film passen, doch noch zu präsentieren.
Bei unserem Dokumentarfilm „Hedy Lamarr – Secret of a Hollywood Star“ haben wir ein kleines Porträt namens „Hollywood Hairdresser“ von 10 Min. beifügen können. Dieses Interview wurde vor allem aus formalen Gründen nicht in den Film integriert. In einer DVD-Edition können also „mehr“ vom gleichen Material oder auch „anderes“ Material zugefügt werden. Es ist interessant, zum bearbeiteten, montierten Material dieses in einer ursprünglicheren Fassung zu präsentieren. Oft ist es gerade dieses „Rohmaterial“, dass einen neuen Bezug zur Realität herstellen kann, da im Fernsehen immer stärker „bearbeitet“, „dramatisiert“ und “personalisiert“ wird.
Das gesamte Projekt, das wir 1999 begannen, ist vollständig (Recherche, Kommunikation, Dreh, Schnitt, DVD) digital durchgeführt. Ähnlich wie bei einem Hypertext, kann hier von einem Element zu nächsten gesprungen werden. Es entsteht so eine Art Hyperfilm auf mehreren Ebenen.

3. „Seelen Schatten“ (1 DVD)

Dieter Gränicher, 85 Min.
18 Zusatzfilme, 300 Min. „Deptessionen“ (1 DVD), sowie ein Begleitheft

Das Projekt zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass neben dem eigentlichen Film, der für das Kino und das Fernsehen gemacht wurde, das gleiche und zusätzliches Material zu 18 kürzeren und mittellangen Filme geschnitten wurde. Dies ermöglicht neben dem allgemeinen und stärker bearbeiteten Kinofilm eine mehr auf das Thematische orientierte Präsentation.

Diese kurzen Filme werden vor allem in der Ausbildung und von den Betroffenen selbst gesehen. Das Begleitbuch ermöglicht es, selektiver vorzugehen. So ist zum Beispiel beim Film Nr. 11 „Körper – Resonanz“ von 5 Minunten der Tanz einer Betroffenen als ein nonverbaler Ausdruck ihrer depressiven Empfindungen, zu sehen. In dieser Form wäre dies innerhalb des „Hauptfilms“ nicht möglich gewesen.
Das Projekt zeigt, welche verschiedenen Strategien möglich sind. Wie es in der Schifffahrt die Möglichkeit gibt, mit einem großen Schiff oder mit einer Flotte von kleineren Schiffen zu operieren, gibt es auch hier die verschiedenen Möglichkeiten. So kann eine „Zielgruppe“ genauer getroffen werden.
Neben dem Begleitheft mit weiteren zusätzlichen Informationen gibt es noch einen Server, der jederzeit aktualisiert werden kann.

4. „Congo River – Beyond Darkness“ (2 DVD)

Thierry Michel, 116 Min.
Making of, 52 Min., Gespräch mit Thierry Michel, Musikclips, Fotobuch und Trigon-Magazin mit einem langen Interview.

Dieses Projekt zeichnet sich durch seine Informationsbreite und -tiefe aus. Neben dem Kinofilm wurde eine mehrteilige Fernsehfassung hergestellt.
Das ‚Making of’ und das ‚Gespräch’ geben zusätzliche Einblicke. Zeigt der Hauptfilm die Reise von der Mündung bis zur Quelle des Kongos in zum Teil epischen Bildern, so zeigt das ‚Making of’ die Schwierigkeiten den Film zu drehen, wie die Probleme mit den Genehmigungen, dem Strom und der gesamten Logistik. Dies sagt sehr viel über den heutigen Zustand des Landes aus. Das Gespräch mit dem Regisseur, das einige Zeit nach den Dreharbeiten aufgenommen wurde, bringt eine weitere Perspektive. Die Musikclips verwenden Fotos aus dem Fotobuch und geben durch die Liedtexte die Perspektive der kongolesischen Musiker wieder.

5. „Deutschland: Schicksalsstunden“ (12 DVD)

Die ZEIT Dokumentation
Begleitbuch mit ZEIT- Artikeln

Die Edition versammelt 12 Filme und 12 ZEIT – Artikel über Ereignisse, „Schicksalsstunden“, aus der Geschichte Deutschland von 1942 bis 1992. Bei den Filmen handelt es sich vorwiegend um Fernsehfilme der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Neben einem Fernsehspiel gibt es sieben Doku-Dramen, aber nur einen Spielfilm. Würde die Geschichte eines anderen Landes, wie zum Beispiel die Frankreichs, Italiens
oder der USA über 50 Jahre nachgezeichnet, würde man auf viel mehr Spielfilme zurückgreifen. Insoweit zeigt diese Edition, welche Bedeutung das Fernsehen für die Aufzeichnung der Geschichte in Deutschland hat. Drei der Filme sind dokumentarische Filme, eine Reportage, eine Dokumentation und ein Dokumentarfilm. Auch dies zeigt den Stellenwert der dokumentarischen Formen bei der Aufarbeitung der Geschichte im deutschen Fernsehen. Interessant ist es zu sehen, dass der Abstand zwischen dem Ereignis und der Herstellung des Films im Durchschnitt etwa 30 Jahre beträgt. Auch hier zeigt sich eine deutsche Besonderheit. Amerikanische Filme, die zum Beispiel den Vietnamkrieg behandeln, wurden sehr viel schneller produziert.

Erhellend ist es, die Filme mit den dazu abgedruckten Artikel aus der ZEIT in Zusammenhang zu setzen. Oft sind die Artikel sehr viel präziser, obwohl sie meistens zeitnah zum Ereignis geschrieben wurden. Interessant ist in diesem Zusammenhang nicht nur das Verhältnis von Dokument und Fiktion in den Filmen, sondern auch das Verhältnis von Bild und Wort. In diesem Zusammenhang ergibt sich eine neue
Betrachtungsweise von Zeitgeschichte und es ist auch gut zu erkennen, dass Geschichte selbst einen wichtigen Bestandteil der Politik bildet.
Die Edition beschränkt sich darauf, einzelne Texte und Filme als ein geschlossenes Werk in einen Zusammenhang zu bringen und verzichtet darauf, Bezüge innerhalb der Filme und der Texte herzustellen. So bezieht sich der Spielfilm „Die Wannseekonferenz“ auf ein Protokoll dieser Konferenz. Es wäre interessant gewesen, auch auf dieses Dokument zurückgreifen zu können, wie dies zum Beispiel in der DVD zu „Taxi driver“ verwirklicht wurde. Dort kann man auf das Drehbuch klicken und dann von der Textseite direkt in die Filmszene wechseln. Auch gibt es dort ein Element, bei dem man die Zeichnungen zu den Szenen und die Szenen selbst in einem Zusammenhang sehen kann.

6. Alexander Kluge - Sämtliche Kinofilme (16 DVD)

Kinofilme und Fernsehsendungen dtcp, 2053 Min.
Beibuch und Texte zu den Filmen sowie Romane, die als Vorlage für die Filme dienten

Eine etwas andere Art der Darstellung und Analyse der deutschen Geschichte durch Filme, Bilder und Texte bildet die Kluge – Edition. Kluges Werk ist geradezu prädestiniert für eine DVD – Edition. Zunächst einmal hat er selbst als Schriftsteller und Wissenschaftler unzählige Texte geschrieben. Dann hat er sowohl Kinofilme wie in den letzten zwei Jahrzehnten Fernsehsendungen produziert. Es steht also ein große Menge
Material zur Verfügung, dass zudem noch durch die Perspektive des Autors, in einen Zusammenhang gebracht wird.
Ausgehend von der Analyse seiner Texte und seiner Filme ließe sich eine Dramaturgie für ein „neues Medium“ DVD konstruieren.
In seinen „Ulmer Dramaturgien“ sind die Grundelemente beschrieben. Nach dem Oberhausener Manifest von 1962 hatte er mit anderen in Ulm das „Institut für Filmgestaltung“ gegründet, das später dann in die Hochschule für Film und Fernsehen in München überging.
Bei diesem ersten Institut bezog er sich auch auf die Tradition des Bauhauses. Kluge schreibt dazu: „Der Hauptsatz heißt vereinfacht: radikale Kürze, Erfindungen, die höhere Längen und Intensitätsgrade zulassen. Das bedeutet Auffächerung der Dramaturgie.“ In weiteren Kapiteln wird dies erläutert. In „Dramaturgie der Kürze“ plädiert er für kurze Filme, eine Art Kurzschrift der Erfahrung, die er „Miniaturen“ nennt. In „Dramaturgie des Zusammenhangs“ fordert er einen umgekehrten Weg. Er verweist dabei auf eine Reihe von 22 Filmen über die Studentische Protestbewegung zwischen 1966 und 1967 mit einer Gesamtlänge von neun Stunden, die die Ereignisse ausführlich dokumentieren. In „Mischformen, Querschnittsmethode“ geht es darum, diese verschiedenen Formen zu kombinieren. In „Fiktion, Dokumentation“ geht es darum, die musikalisch-poetisch erzählenden und die dokumentarischen Formen in einen sich ergänzenden Zusammenhang zu bringen. Dies kann man besonders gut am Beispiel von „Deutschland im Herbst“ sehen.

In „Einfachheit“ bezieht er sich auch darauf, dass dem Institut immer nur geringe Mittel zur Verfügung standen. Er entwickelt daraus einen eigenen Realismusbegriff. „Fakten alleine sind nicht wirklich, Wünsche nur für sich auch nicht. (...) Wahr ist der Kontrast, die Vielgestaltigkeit.“
Es ist interessant zu sehen, dass die Praxis im Internet ziemlich genau dem entspricht. Es gibt die kurzen Clips bei „YouTube“ und die „Überwachungskameras“, die alles mögliche beobachten. Die ausgearbeiteten und montierten Formen finden im Internet jedoch nicht statt. Die DVD - Editionen könnten unsere Kultur auf eine ähnliche Weise verändern, wie die Einführung der Schrift. Filme und Fernsehsendungen wären keine nur flüchtigen Ereignisse mehr. Der Übergang vom gesprochenen Wort zum geschriebenen Satz und dann zum Buch und zu einer Bibliothek, war einer der entscheidenden Wendepunkte in der kulturellen Entwicklung. Das gleiche könnte sich nun auch auf der Ebene des Gesehenen und der Bilder wiederholen. Bilder würden in eine immer wieder abrufbare Ordnung gebracht und ständig verfügbar gehalten.

Fosco Dubini, dubinifilm(at)t-online.de, www.diereisenachkafiristan.de