Presseinformation, 17. September 2014

Fuck reality shows – show us reality

Am Wochenende ging in Köln das Europäische Symposium „Dokumentarfilme für Kinder und Jugendliche“ zu Ende.

Mehr als 30 europäische Dokumentarfilm- und MedienexpertInnen haben vom 11. -13. September im Kölner Filmforum NRW vor einem äußerst interessierten Publikum aus Deutschland und mehreren europäischen Ländern den Stand und die Entwicklungen des Dokumentarfilms für junge Zuschauer präsentiert. Als Referentinnen waren u. a. Dr. Frauke Gerlach (Grimme-Institut), Melanie de Langen (VPRO jeugd), Meike Statema (IDFA), Anna Pedroli (Mediafonds), Agata Sotomska (Polnisches Filminstitut), Christian Popp (Docdays) Andrea Ernst und Stefanie Fischer (beide WDR), Phillis Fermer (EBU), Nadine Zwick (ARTE), Anne Sofie Hansen-Skovmoes (Produktionsfirma Copenhagen-Bombay) sowie die FilmemacherInnen Bernd Sahling, Calle Overweg, Filipa Jardim Reis und Bettina Braun zu hören.dfi 2014-64

Ein großer Erfolg war die parallel angebotene Filmreihe mit Dokumentarfilmen für Kinder und Jugendliche im Kölner Filmhaus. 400 junge ZuschauerInnen sahen und diskutierten Filme wie „Durch Ellens Ohren“ von  Saskia Gubbels, „Zuckere Welt“ von Tessa Langhans/Maike Backhaus und weitere aktuelle Dokumentarfilme.

Beim Symposium gingen die Niederlande und die skandinavischen Länder mit vielen Best Practice Beispielen voran. dfi 2014-41Dort sind in den letzten zehn Jahren stabile verschiedene Kontexte entstanden, in denen regelmäßig anspruchsvolle Kinder-dokus produziert, auf Festivals gezeigt, auf festen Sendeplätzen im TV ausgestrahlt, ins Netz gestellt und in Schulen präsentiert werden. Auch in Deutschland haben sich zahlreiche Senderinitiativen hervorgetan – alle rein öffentlich-rechtlich. Ki.ka wird in Sachen Kinderdokus vom ZDF („Stark!“), der EBU, auch vom RBB und MDR beliefert. Es gibt Kids & Docs, doxs, dokyou, dokmal, doku.klasse oder Youngdogs, um nur eine Reihe der Label für den Dokumentarfilm für Kinder und Jugendliche zu nennen. Trotz der vereinten Bemühungen gibt es noch zu wenige Sendeplätze und auch die Produktionsetats sind eher klein. Entstanden sind jedoch auch hier einige Kontexte, die laut Petra Schmitz von der dfi-Dokumentarfilminitiative „den Bedarf verdeutlichen“.

Auch die Filme selbst haben sich weg von Erklärfilmen mit pädagogischer Absicht hin zu Filmen über die Lebenswirklichkeit entwickelt. Sie ermöglichen Kindern, über Dinge zu reden, über die sie sonst vielleicht nicht reden würden, weil sie sich dort gespiegelt, verstanden oder abgebildet fühlen, was ihnen erlaubt stellvertretend für sich selbst über die Protagonisten zu reden und nachzudenken. Filme also nicht nur „für“ Kinder, sondern auch „über“ Kinder, „mit“ Kindern.

Spürbar hat sich aufgrund der technischen Entwicklungen in den letzten Jahren die Medienrezeption der Kinder und insbesondere ihre Umgangsweise mit Film geändert. Nur noch 20% der Kinder erklären, dass für sie Fernsehen eine wichtige Informationsquelle ist – auch das ein Statement des Symposiums. Die inzwischen landläufige Debatte um die Zukunft des Fernsehens schlägt hier noch stärker durch als anderswo, weil die „Generation Selfie“ die Vorreiter einer andersgearteten Mediennutzung sind. Zentral ist daher die Präsenz im Internet, ein Themenschwerpunkt des Symposiums. Das haben alle Sender inzwischen erkannt und so sind Internetplattformen eine Ergänzung des Sendebetriebs, die gerade die Young Audience besonders gut erreicht.

Das Symposium machte zwei Punkte deutlich: Es gibt den ästhetisch anspruchsvollen dokumentarischen Film mit und für junge Protagonisten. Es gibt ihn sogar öfter als man denkt, ob von Sendern finanziert oder von der Stadtverwaltung des Lissaboner Vorortes Setúbal, von der Gemeinde Wandlitz, vom Goethe-Institut oder öffentlichen Stiftungen, die vielfach noch nicht bei allen als Förderer der gemeinsamen Arbeit im Blick sind. Es gibt ihn und die Szene ist sehr lebendig, ein Feld, in dem noch viele neue Kooperationen möglich sind und viele Projekte entstehen können, wenn sich die Richtigen zusammen finden.
Und: Diese Filme werden von den Kindern und Jugendlichen geschätzt – wenn sie mit ihnen in Kontakt kommen. Es ist ein großes Bedürfnis bei jungen Zuschauern erkennbar, sich mit Dokus auseinanderzusetzen, so lange die als „relevant" wahrgenommen werden, als echt und von der Lebenswirklichkeit erzählend. Offensiver und insofern passender klang das beim skandinavischen Videotagebuch doxwise: „fuck reality shows – show us reality“.dfi 2014-82

Ein umfangreicher Abschlussbericht des Publizisten Marcus Seibert ist unter www.dokumentarfilminitiative.de veröffentlicht. Im Pressebereich finden Sie aktuelle Pressefotos zum Symposium. Die Video-Mitschnitte einzelner Vorträge, Präsentationen und Panels sind dort ebenfalls in Kürze zu finden.


Pressekontakt: Stefanie Görtz, goertz(at)dokumentarfilminitiative.de, mobil: 0170-2037198


News und Hintergrundinformationen zum Tagungsthema finden sich laufend unter www.facebook.com/dfi.Dokumentarfilminitiative

dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW
Programm & Leitung: Petra L. Schmitz
Im Mediapark 7
50670 Köln
fon: 0221 170 66 508
mail:  dfi(at)filmbuero-nw.de
www.dokumentarfilminitiative.de


Veranstalter: dfi-Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW
Kooperationspartner: ECFA – European Children’s Film Association; Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart; doxs! dokumentarfilme für kinder und jugendliche, Duisburg; Förderverein Deutscher Kinderfilm, Erfurt; Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland, Remscheid; WDR-Fernsehen; Goethe Institut München
Förderer: Ministerium für Familie, Kinder, Jugendliche, Kultur und Sport des Landes NRW; Stadt Köln und MedienStiftung Kultur, Köln; BKM, Berlin
Unterstützt durch: AG DOK
Medienpartner: Film Dienst; Kinder und Jugendfilmkorrespondenz