Drucken

DVD, VOD, PODCAST & CO
Die digitale Auswertung von Dokumentarfilmen
Was bleibt? Was kommt? — Eine Zwischenbilanz

Statement von Lutz Dammbeck

Dokumentation des Workshops
September 2007

pdf Statement von Lutz Dammbeck

Was bleibt? Was kommt? Jeder der mit Film und Fotografie zu tun hat weiß: Materialien werden vom Markt genommen, die analog arbeitenden Bereiche werden kleiner oder verschwinden, bestimmte künstlerische und ästhetische Möglichkeiten verschwinden mit ihnen. Wir haben es mittlerweile mit einer Diktatur des Digitalen zu tun. Sprachlich wird die digitale Zukunft mit einer Vehemenz angekündigt und beworben, die dem Einzelnen signalisiert, dass er nichts mehr (anders) machen kann, sondern nur noch mitmachen. Er hat keine Wahl mehr. Diktatur heißt nicht nur: Auslöschung analoger Aufnahme- und Abspieltechniken, sondern auch Zerstörung traditioneller Verwertungsarten wie das Kino und damit auch eine bestimmte Art und Weise, Filme zu sehen, dem Fluss einer Erzählung zu folgen.

Die Standards und Formatkriterien werden dabei von denen gesetzt, die sich auch den Aufbau der großen Portale leisten können, um die Brücke vom Internet zum Fernsehen zu bauen. Wie schon bei den verschiedensten „Revolutionen“ der Medientechnik zuvor sind die Künstler mit experimentellen und anspruchsvollen Arbeiten willkommen bei der Erprobung und Vervollkommnung der technischen Testphase. Wenn alles reibungslos läuft, müssen sie allerdings die Teststrecke wieder räumen, und (bestenfalls) in die Kunstecke zurück.

Die Position des Filmemachers ist angesichts der Entwicklung zwangsläufig zwiespältig und schizophren:
Indem er alle diese Möglichkeiten zu nutzen versucht in der Hoffnung, so die Nische für seine Filme zu behaupten oder sogar zu vergrößern, arbeitet er gleichzeitig (wissentlich oder unwissentlich) an seiner Selbstabschaffung und Selbstauslöschung. Denn diese digitalen Möglichkeiten verändern ja auch das Filmemachen selbst, diktieren zunehmend künstlerische, ästhetische und produktionstechnische Parameter, und dynamisieren den Prozess der Aushöhlung von Begriffen wie Dokument, Wahrhaftigkeit und Wirklichkeit, die, zwar seit Beginn des Genres umstritten, den Kern der Identität des Dokumentarfilms bilden.
Indem er sich in das Gespinst von technischen Bedingungen und Notwendigkeiten verwickeln lässt, deren Kenntnis die Herstellung von Websites, Weblogs, DVD, Video on Demand oder Streaming erfordert, gibt der Filmemacher Zeit ab, die er eigentlich für die Entwicklung von Filmen bräuchte, die eben diese Entwicklungen reflektieren. Diktatur heißt auch, ganz allgemein: verordnete Dogmen verschiedenster Art. Aber alles, was zum Dogma erstarrt ist verlangt nach einer Aufklärung. Nach einer Aufklärung der Aufklärung. Wie die aussehen soll? Wäre es nicht spannend, wenigstens darüber zu diskutieren?